Die Macht der Gewohnheiten

Marionette

Jeder, der schon einmal versucht hat abzunehmen, kennt die Macht der Gewohnheiten, die dann zur Chipstüte, zur Schokolade, auf die Couch und nicht zum Joggen führt.

Dieses Phänomen trifft auch auf andere durch Gewohnheiten geleitete Situationen zu. Unser ganzes Leben besteht aus Gewohnheiten. Wir stehen auf, frühstücken oder eben nicht, putzen unsere Zähne, lesen die Zeitung, nehmen den immer gleichen Weg zur Arbeit etc.

Alle Handgriffe sitzen. Forschungsergebnisse der Duke University fanden 2006 heraus, dass 40 Prozent unserer täglichen Handlungen auf Gewohnheiten statt auf täglichen Entscheidungen beruhen.

Gewohnheiten ermöglichen, dass wir auch bei Erschöpfung und Überlastung handeln, ohne komplizierte Entscheidungsprozesse abzuwägen. So funktioniert es, dass wir bei extremer Müdigkeit nach einem langen Arbeitstag auf der Couch landen und uns nicht mehr anstrengen wollen, keinen Salat mehr zubereiten wollen und Pizza bestellen. Neben unseren Essgewohnheiten gibt es z.B. auch Trink-, Denk-, Konsum-, Verbrauchs-, Schreib-, Schlaf- und Lüftungsgewohnheiten usw.

Alle Gewohnheiten lassen sich in die Bereiche Fühlen, Denken und Verhalten einordnen, obgleich unser Gehirn nicht zwischen guten und schlechten Gewohnheiten unterscheidet. Gewohnheiten sind Reaktionsweisen, die durch ständige Wiederholung stereotypisiert und so immer wieder automatisch nach dem immer gleichen Schema ausgeführt werden. Unser Gehirn braucht Gewohnheiten, um den Alltag effizient zu bewältigen. Der Mensch ist ein Gewohnheitsmensch und kann so aber auch zum Gewohnheitstrinker werden.

Kinder übernehmen Denkgewohnheiten, die auch zu Vorurteilen werden können, und gewohnheitsmäßig frühstücken wir täglich nahezu das Gleiche.

Doch wie ändern sich Gewohnheiten?

Der erste Schritt ist die Einstellung bzw. der Glaube daran, dass sich die jeweilige Gewohnheit ändern lässt und kein Schicksalsschlag ist.

Auch wenn sich manche Gewohnheiten nicht vollständig beseitigen lassen ist es dennoch möglich aufzuhören stets ungesund zu essen, zu rauchen, zu kiffen, seine schlechte Laune an anderen auszulassen, keinen Sport zu treiben oder sich anhaltend Sorgen zu machen.

Eine wesentliche Rolle spielt es dabei auch, seine Gewohnheiten zu hinterfragen und zu verstehen. Wenn man aufhören möchte am Abend vor dem Fernseher Schokolade zu essen, sollte man sich überlegen, warum Schokolade jetzt nötig ist und was man statt dessen essen oder tun könnte, ob es vielleicht helfen könnte einen Spaziergang zu machen, jemanden anzurufen, weil man traurig ist oder sich ein Bad einzulassen.

Im Grunde geht es darum, den Auslösereiz zu erkennen und die Belohnung zu verändern. Wenn man sich schon am Morgen darauf freut, am Mittag im Imbiss um die Ecke eine Wurst zu essen und genau dieses verändern möchte, dann ist es nötig die Freude auf etwas anderes zu richten. Zum Beispiel auf einen mitgebrachten Salat. Die Gewohnheitszigarette nach dem Essen kann gewohnheitsmäßig etwas anderes werden. Statt an den Nägeln zu kauen lernen Betroffene, eine Faust zu ballen um sich zu stimulieren oder zu beruhigen.

Bezüglich der Denkgewohnheiten kann man in der Therapie lernen, schlechte Gedanken durch gute zu ersetzen und dauerhaftes Grübeln zu verringern. Mach es anders ist die Aufgabe.

Kleine Gewohnheiten wie z.B. im Auto nicht mehr zu rauchen sind leichter zu ändern als komplexe Gewohnheiten, weswegen es sehr viel länger dauert und mehr Anstrengung kostet, bis man kein Sportmuffel mehr ist oder seine Essgewohnheiten umgestellt hat. Noch schwieriger ist es bei den Verhaltensänderungen.

»Ohne Hilfe von außen ist es so gut wie nicht möglich, die Persönlichkeit in größerem Umfang gezielt zu ändern«, sagt Hirnforscher Gerhard Roth. Entscheidende Lebensveränderungen erfordern ein Reflektieren und Verändern der eigenen Verhaltensmuster bzw. Neuorientierung.

Wer sich schon einmal in einer Lebenskrise befand wie z.B. Krankheit, Scheidung, Tod eines Angehörigen oder der Verlust des Jobs, weiß, dass diese Krisen wenigstens zeitweise eine Veränderung der Gewohnheiten erzwingen, und wie schwer das zuweilen fällt. Gruppen sind bei Gewohnheitsänderungen ebenfalls eine Hilfe. Weight Watchers nutzt ebenso wie die anonymen Alkoholiker z.B. zur Unterstützung beim Abnehmen die Gruppe.

Gewohnheiten sind Fußabdrücke des Charakters, und die Gefahr in diese ausgetretenen Fußabdrücke zurück zu kehren bleibt bestehen.